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Entstehung

Die ersten Ideen und Kapitel zu „Natürlich Brot und Wein“ entstanden im Jahre 2006 während eines Aufenthalts in Dernau.

Um nah an der Realität zu schreiben, wählte ich die Gegenwart als zeitgeschichtlichen Hintergrund.

„Einfahrsignal Dernau“, kurz: ESD — so lautet der erste Arbeitstitel des Werkes.

Der Bäcker Ludwig Nagel firmiert damals noch als Signaltechniker.

Ronny Dorff hinterfragt am Einfahrsignal seine selbstmörderischen Absichten.

Sonja heißt Fuß mit Nachnamen und arbeitet als Gesellschafterin in Bad Neuenahr.

Diesen Beruf behält sie bei, als das Projekt den Namen wechselt und „Treibjagd“ heißt.

Der neue Titel verbildlicht die frauenverachtenden Methoden der Aufreißerszene und deren unselige Einflüsse auf die Geschehnisse. 

Erste Kapitel schreibe ich (wie immer) mit Feuereifer; dann geschieht etwas, das viele Schriftsteller kennen, wenn sie nicht gerade Jeffrey Archer heißen:

Ich ringe um Orientierung. Brauche Abstand, Übersicht, Klarheit.

Mein Weg aus dem Chaos ist mühsam, aber einzig hilfreich: Mittels Mindmaps und Übersichten in Excel gewinne ich die Hoheit über Drama und Figuren wieder.

Endlich folgen meine Szenen, Beschreibungen und Dialoge wieder roten Fäden.

Die Figur Sonja behauptet sich. Ihre Bedeutung für die Zusammenführung der Handlungsstränge und ihr Einfluss auf die Versöhnung der widerstreitenden Motive und Entwicklungen führt 2008 zu einem neuen Titel:

„Nehmet und trinket alle von ihr“, kurz: Nutavi.

Konzentrisch kreist die Story nun um die Heimkehrerin Sonja Dutsch, die in Dernau mit ihrer Vergangenheit abschließen will.

Die Recherchen zur Brot- und Weinbereitung bestätigen meine Ahnungen von der Komplexität, aber auch von der biblischen Tiefe des Themas.

Und sie offenbaren den grundlegenden Konflikt:

Natürlich hergestellte Lebensmittel sind aufwändig und teuer.

Mit ausgefeilten Tricks gibt die Lebensmittelindustrie ihren künstlich aufgeblasenen Billig-Produkten den Anschein des Ursprünglichen. 

Mir wird der Zusammenhang bewusst zwischen dem Wahrnehmen der Fakten und der damit verbundenen persönlichen Entscheidung. Die Themen „Brot und Wein“ werden erwachsen. 

Dieser vorläufig endgültige Titel stellt die mehr und mehr ausgestalteten und begründeten Hauptmotive des Romans in den Vordergrund und weist auf das Finale des Buches:

die Aufführung des gleichnamigen Oratoriums. 

Als Untertitel würdigt Nutavi weiter die integrative Funktion der Hauptfigur Sonja.

Deren Charakter wird visualisiert durch den Entwurf eines ersten Covers von Holger Figge.

Seinem Aquarell gelingt eindrucksvoll die Versöhnung religiöser und lasziver Pole einer weiblichen Existenz. 

Ende 2008 miete ich mich wieder in Dernau ein. Nach vier Tagen Schlusslesung ist die „nullte Fassung“ von Brot und Wein fertig.

Für mich heißt es nun durchatmen — und warten.

Familie, Freunde und Bekannte werden zu Lektoren.
Ein gutes Dutzend Leserinnen und Leser fallen über meinen Text her. Und geben Rückmeldung. Viel Aufmunterndes ist dabei — und viel Bedenkenswertes. 

Also halte ich wieder inne, lasse die Kritik in mir gären. Spüre die Lust auf den Stoff wiederkehren und wage den nächsten Anlauf. Wieder müssen liebgewonnene Textstellen „dran glauben“, noch einmal werden die Geschehnisse gestrafft, das Erzähltempo erhöht.

Schmerzhafter, umso dringender Prozess einer auch hier so genannten „Triage“. Klare Kriterien, Metablick und zeitlicher Abstand — so lauten die Zumutungen, die meinen Texten guttun.

Ab 2011 biete ich Brot und Wein zur Publikation an.

Jenseits zahlreicher „urteilsfreier“ Absage-Sprechblasen freut mich die Einschätzung des storyhouse-Verlages in Stuttgart:

„Ich kann jedenfalls sagen, dass wir … ernsthaft über eine Veröffentlichung nachgedacht hätten, selbst wenn das nichts mit unserem eigentlichen Schwerpunkt zu tun hätte … Ich meine das vor allem auch als Lob für den interessanten, einprägsamen Schreibstil“

heißt es da unter anderem.

Diese Ermunterung trägt dazu bei, dass ich den Stoff nach meiner Umsiedlung ins Ahrtal wieder aufgreife.

Das hautnahe Erleben meiner neuen Heimat, die intensiven Erfahrungen als Wein- und Gästeführer ändern noch einmal entscheidend meine Blickrichtung und die Intention des Buches.

Eindringliche Appelle meiner „besten Tochter der Welt“ zur Dramaturgie tun ihr Übriges. 

Aus „Brot und Wein“ wird „Natürlich Brot und Wein“.

Sonjas Biografie wird ihrer neuen Rolle angepasst, Jana und ihr Oratorium erhalten andere Bedeutung, die Folgen unseres gedankenlosen Umgangs mit der Natur und den Lebensmitteln rücken noch weiter in den Vordergrund.

Und aus alledem entwickelt sich eine völlig neue Auflösung …

Natürlich Brot und Wein

Mit dem Rhein-Mosel-Verlag finde ich den idealen Verleger für ein regionales Drama, das überall stattfinden könnte.

Es sollte aber guter Wein dort wachsen.